Den Ansatz, die Zeit nicht als linear fließendes Medium und eine Geschichte nicht als monokausale Erzählung zu begreifen, teilt er mit allen Autoren der seit langem währenden Postmoderne. Und so ist es nur folgerichtig, dass er als Maler bei der Entwicklung seiner Bildstrategie buchstäblich alles mit einbezieht, was sich für ihn als lebenslängliche Mentalitätsprägung erwiesen hat. Dazu zählen die Kindheitsmuster der frühen östlichen 1960er Jahre mit ihrer materiellen Kargheit und ihrem noch kaum hinterfragten Fortschrittsglauben ebenso wie die zur selben Zeit konsumierten westdeutschen und amerikanischen Fernsehserien, die ein gänzlich anderes Bild der Welt zeichneten und sich doch gleichermaßen für den Heranwachsenden als geistige Realität darstellten. Dazu zählen ebenso die Schul- und Sozialisierungsrituale in ihrem ambivalenten Wechselspiel von Disziplin und Freiraum, von kollektivem Entwurf und individueller Einlösung. Und dazu zählen schließlich alle Stationen des beginnenden Erwachsenenlebens, die sich in der Rückschau wie eine logische Folge auf dem Weg zum Dasein als Künstler lesen und die doch in ihrem jeweiligen Vollzug problematisch und unbegriffen gewesen sein müssen: Ausbildung zu einem Facharbeiter für Reproduktionstechnik, Studium an der Leipziger Hochschule für Graphik und Buchkunst zu einer Zeit, als die Agonie des geschlossenen Systems DDR schon spürbar war und doch alle tradierten Regeln noch galten, Arbeit als Theatermaler an der Leipziger Oper in einer Phase des Aufschwungs nach dem Mauerfall, als die gewandelte Realität eine stärkere Inszenierungskraft hatte als alle theatralischen Stoffe ... Allein diese summarische Aufzählung mag genügen, um die Vielfältigkeit der bildzeugenden Quellen sowohl in biographischer als auch in ikonologischer Hinsicht anzudeuten, über die Axel Krause verfügen kann und aus denen eine ganz eigenständige Bildwelt generiert. Sein bevorzugtes Stilmittel dabei bildet die Methode der bildnerischen Inszenierung; jede Figur, jedes Versatzstück und jedes Detail wird nicht um seiner selbst willen behandelt, sondern spielt gewissermaßen eine Rolle in einem größeren, rational kaum fassbaren Zusammenhang.
(Harald Kunde, aus „Überfahrt in Offene“, Kunstwerkstatt, Prestel Verlag)

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