Ungeheuerliches geschieht, wie bei den Gebrüdern Grimm, Christian Andersen und E. T. A. Hoffmann. Doch es fließt kein Blut. Es wird nicht mit dem Zeigefinger gedroht, keine Finger werden abgeschnitten und niemand abgebrannt.

Julius Hofmann illustriert keine ausgedachten Geschichten. Er lässt heraus, was in ihm ist: Zweifel und Ängste, geahnte Gefahren und Bedrohungen, auch das Spiel mit Verführungen, Verwandlungen und Maskeraden. Seine Geschichten entstehen beim Malen, formen sich mit Pinsel und Farbe, auch mit Säge, Cutter, Pappe und Kleister und auf dem Rechner. Sie werden umgedeutet, erweitert, gelöscht, oft schneller, als sie entstanden sind. Julius Hofmann agiert wie ein Filmemacher. Er ist Filmemacher und dabei, Schauspieler, Masken- und Bühnenbildner, Kameramann, Schnitt- und Tonmeister und Regisseur in einem. Die Filme, erst wenige, doch schon meisterhaft sind von beklemmender Dichte, wie auch die Bilder. Die erscheinen wie komprimierte Filme. Dem Betrachter werden Vorgeschichten angedeutet und Ahnungen in das Danach ermöglicht. Wege in dunklen Wald, Gewässer, die von der Nacht verschlungen werden, Schattenreiche hinter Mauern. Sie lassen den jungen Künstler als Spurenleger und Blickverführer erkennen. Hofmann spürt in sich die Seelenverwandtschaft zu den Romantikern, die stets etwas offen und voller Ahnungen gelassen haben. Wie diesen ist ihm das Ebenmaß der Klassiker mit "edler Einfallt und stiller Größe" nicht geheuer. Der Symbolismus ist ihm näher, auch Francis Bacon, der seine Zweifel und Einsamkeit mit seinen Bilderfindungen bekämpfte. Doch nicht Vorbilder sind die Quelle der Formen- und Motivwelt des Julius Hofmann, es ist das Spannungsfeld zwischen der medialen Bilderflut, die ihn umgibt und die er mit scharfem Blick seziert, und der Welt der Stille, die er bei langen Radtouren für seinen Seelen- und Bilderfundus aufsaugt. Am Beginn ist nichts als Chaos. In diesem spinnt er dann seine Fäden und formt aus diesen seine Bilder. Manche in verführerisch freundlichen Tönen, andere in schrillen Farben. Die darin Agierenden sind gering an der Zahl doch voller Symbolik. Hauptakteur der Bilder und in den Filmen ist ein Mann mit einer Hundemaske. Sie ist Tarnkappe und Schutzhelm zugleich, um Bösewichter zu bekämpfen und mit Gefangenen zu leiden. Mörder kommen vor, doch diese tragen schon das Antlitz des Todes. Weiblichkeit wirkt wie aus Porzellan gegossen und schließlich ist mobile Technik für die Bildwelt des Malers und Figurenbauers unverzichtbar. Hier ist er ganz in seiner Zeit. Doch er ist einer, der die Harmonien des Designers auf den Prüfstand stellt und mit den Grenzwerten zur Zerstörung spielt.

Julius Hofmann öffnet einen Spalt der Tapete des alltäglichen Bilderwahns und lässt in seine Welt blicken, besser: er verführt zum Blick in eine Gegenwelt, die grimmig daher kommt, um Verletzbares zu schützen. (Bernd Sikora)

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