Eröffnung innerhalb des Jubiläums-Rundgangs der SpinnereiGalerien

Samstag, 3. Mai 2025, 11–20 Uhr
Sonntag, 4. Mai 2025, 11–18 Uhr

„Verweile doch, du bist so schön“ – dieser Satz aus Goethes Faust verleiht Rosa Loys neuer Einzelausstellung ihren Titel und lädt zu einem Moment der Verlangsamung ein. In Verweile doch wird nicht bloß betrachtet, sondern verweilt – die Betrachtung dehnt sich aus. Es ist Frühling, jedoch nicht der offensichtliche der Blütenpracht. Es ist ein stiller, innerlicher Frühling, in dem sich Wandel im Verborgenen vollzieht. Loys Welt entfaltet sich in Zeichen und Gesten, in leisen Rhythmen und symbolischen Schichtungen. Schönheit ist hier flüchtig und zugleich tief verwurzelt.
Ihre Figuren, ausschließlich Frauen, bewegen sich in Traumlandschaften zwischen Natur, Mythos und Erinnerung. Es gibt keine eindeutigen Erzählungen, sondern dichte Atmosphären, die sich einer klaren Deutung entziehen. Loys Sprache ist verwurzelt in der Romantik und dem Symbolismus, und doch bleibt sie gegenwärtig – durch ihre Offenheit, ihre Ambiguität und ihre leise Radikalität. Weiblichkeit ist hier nicht Darstellung, sondern ein tätiges Prinzip: verbunden, intuitiv, schöpferisch.
In den Werken von Verweile doch zeigt sich der Frühling als Zustand der Fürsorge und Wandlung. Frauen gärtnern, forsten, verschmelzen mit der Natur oder gehen aus ihr hervor. Im Bild Der Geborgenheit entwunden wird eine Rübe mit Frauenkopf geerntet, in Selbstentblätterung entkleidet eine rothaarige Figur ihre eigenen blattartigen Beine. In Verflüstert wird eine Frau wie eine Pflanze gepflegt, von zwei feenartigen Gärtnerinnen.
Wiederkehrende Motive wie Tulpen, Sonnenstrahlen, Vögel und Baumkronen bevölkern diese sanft-metamorphische Welt. Rosa Loys Figuren agieren nie isoliert, sondern stets im Austausch, als Teil eines zyklischen, fürsorglichen Gefüges.
Verweile doch ist mehr als ein Ausstellungstitel, es ist ein Innehalten. Doch wie bei Goethe birgt der Moment nicht nur Schönheit, sondern auch eine Ahnung von Vergänglichkeit. In diesen Bildern ruht ein leiser Aufruf: Erkenne die Kostbarkeit des Augenblicks – gerade, weil er vergeht.

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