Blickt man auf die aktuellen Arbeiten von Sebastian Stumpf, so findet man auch hier das Zusammenspiel von ›Performing‹ und ›Recording‹, von der Ausführung einer Handlung und ihrer Aufzeichnung durch die Kamera. Der junge Künstler operiert auf zwei verschiedenen Feldern: in den leeren Räumen zeitgenössischer Kunstinstitutionen und im urbanen Raum mit seiner vorgegebenen Ordnung. Dabei erscheint uns Stumpfs Auftritt vor der Kamera als ebenso artistisch wie subversiv: Ein unscheinbares architektonisches Detail wird plötzlich zum Auslöser einer körperlichen Leistung, welche erstaunt, verwundert, zum Lachen bringt oder verstört. Die Kunsthalle nutzt er als Aktionsraum, die funktionale Möblierung der Stadt mitsamt ihren Mauern und Säulen, Bäumen und Garagen, Brücken und Passagen dient ihm als Übungsterrain. Sebastian Stumpfs Interventionen sind souverän, aber auch voller Slapstick; sie legen nahe, dass es dem Künstler nicht wichtig ist, die Erfahrung des eigenen Körpers illustrativ nach außen zu tragen – so besitzen sie nicht das existentielle Pathos mancher Arbeiten der 1970 er Jahre. Vielmehr stellen sie seine experimentellen Bewegungen in doppelter Hinsicht als eigensinnig dar. Sie widersetzen sich den konventionellen Verhaltensweisen im öffentlichen Raum – wie sonst sollte man die Besteigung kleiner Bäumchen an der neuen Promenade oder den Sprung von Brücken bezeichnen – doch dabei sind sie von elementarer Einfachheit: Der Körper überprüft die eigenen Bewegungsabläufe und die Gesetze der Physik durch ihre unmittelbare Erfahrung, so wie ein Kind, das immer wieder von derselben Stufe springt. 

(Ebner, Florian. "Der Eigensinn des Körpers." Museum für Fotografie Braunschweig. Bulletin 20. Mai 2011. 

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