Steve VIEZENS | Frühstücken! Vorlesen! Zähneputzen!
01.03.2025–19.04.2025 | Spinnerei Leipzig
Eröffnung am Samstag, 1. März 2025, 17 - 21 Uhr

Ein neuer Morgen bricht an, und das Krähen des Hahns gibt das Startsignal für das tägliche Rennen. Du wachst auf, prall gefüllt mit Möglichkeiten, während sich die Türen zu zahllosen parallelen Zukünften weit öffnen. Doch du bist nicht allein – dein inneres Chaos muss sich mit dem deiner Familie, Kollegen und der gesamten Gesellschaft arrangieren. Gemeinsam gilt es, das Gestern zu bewahren und gleichzeitig das Morgen zu erschaffen. Und so greifst du nach dem Metronom von Frühstücken! Vorlesen! Zähneputzen!, und das kollektive Orchester beginnt zu spielen.
Ein zentrales Thema in Viezens’ neuster Arbeitsserie ist Zeit und Veränderung. Hier ist Zeit alles andere als linear – sie biegt sich, bröckelt, kollidiert und schlägt gelegentlich Purzelbäume. Kindliche Kritzeleien existieren neben antiker Architektur und französischen Karikaturen des 18. Jahrhunderts. Diese Kollision von Vergangenheit und Gegenwart spiegelt die Wandelbarkeit von Geschichte und den ständigen Balanceakt zwischen Ordnung und Chaos wider. Schmetterlinge und Käfer, zwei wiederkehrende Motive in Viezens’ Arbeiten, stehen als Sinnbilder für Veränderung unter ganz unterschiedlichen Bedingungen. Der Schmetterling verwandelt sich von innen heraus – eine erstaunliche Metamorphose, die mit Schönheit und Leichtigkeit belohnt wird. Der Käfer hingegen trotzt äußeren Einflüssen, überlebt jede Krise und bleibt hartnäckig bestehen.
Diese pulsierende Ambivalenz spiegelt sich auch in Viezens’ künstlerischem Prozess wider. Seine Werke hüpfen zwischen Malerei, Zeichnung und Druckgrafik hin und her, als hätten sie keine Lust, sich auf eine einzige Kategorie festzulegen. Die Linie – scharf und präzise – steht für Struktur und Kontrolle, während die fließenden Farbschichten mit ihren wechselnden Transparenzen sich jeder Begrenzung entziehen. Mit der zusätzlichen Ebene von Collagen und der Gegenüberstellung von hyperrealistischer Malerei und zweidimensionalen Skizzen stellen diese Werke die klassische Trennung zwischen akademischer Kunst und „Hobbybastelei“ infrage. Stattdessen entwirft Viezens eine Gegenwelt, in der jede Form des Ausdrucks gleichwertig, schön und bedeutungsvoll ist.