Tilo Baumgärtel realisiert seine Bildideen mit der Rationalität eines Bühnenbildners, der das Ganze und die Wahrnehmung des Betrachters im Sinn hat. Erstaunlich nüchtern und rational fällt er kompositorische Entscheidungen. Die Trickkiste der Kunstgeschichte von der Renaissance bis zur Gegenwart  gehört zum täglichen Werkzeug. Auf der Leinwand wird zuerst der Raum angelegt. Ob er den Betrachter mit der Leere einer Landschaft konfrontiert oder ihn mit einer Fülle von Details irritiert, stets siedelt Baumgärtel seine Szenen zwischen Traum und Wirklichkeit an. Die Verschränkung unterschiedlicher Erzählperspektiven, der Kontrast zwischen immateriellen Farberscheinung und scheinbar greifbarer Stofflichkeit oder die Inszenierung des Raumes durch extreme Hell-Dunkel-Kontraste sind nur einige Möglichkeiten seines Repertoires, die Logik des Bildraumes zu brechen und die vermeintliche Schlüssigkeit einer Situation ins Wanken zu bringen.

Zwischen den verschiedenen Realitätsebenen seiner Werke lässt uns der Künstler eine zugleich vertraute und fremde Welt voller Ahnungen und Rätsel entdecken. Baumgärtel ist ein Meister unterschwelliger Spannung und subtiler Verwerfung. Die vordergründigen narrativen Spuren, die der Künstler in seinen Werken legt, führen ins Leere. Sie leiten den Betrachter auf das unsichere Terrain assoziativer und analytisch gebrochener Erzählfragmente. Traum und Realität durchdringen sich in einem Labyrinth scheinbar versteckter Bedeutungen, wobei – wie so oft bei Baumgärtel -  zwischen Drama und Komik nur ein schmaler Grad liegt. (Nils Ohlsen)

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