Reisen ist ein Liminalraum, ein Raum in dem alles möglich scheint und der sich ständig im Wandel befindet. Was als Bewegung zwischen Punkt A und Punkt B erscheint, ist in Wirklichkeit ein Übergang zwischen sich entwickelnden Zuständen des Selbst. Es ist kein Zufall, dass das Reisen sowohl im westlichen als auch im östlichen philosophischen Denken einen hohen Stellenwert einnimmt. Eine einsame Reise zu unternehmen, bedeutet den Willen, sich zu entwickeln, ein überladenes Bewusstsein zu reinigen, um Platz für inneres Wachstum zu schaffen. Im Umkehrschluss wird die Verweigerung der Fähigkeit zu reisen als ein Akt der Gewalt gegen den menschlichen Geist erlebt. Es sperrt die Seele in einen verwesenden Kadaver veralteter Empfindungen ein, der dann zu einer Quelle des Leidens wird.

Brandls Protagonisten sind, anders als wir an diesem Ort und in dieser Zeit, frei zu reisen und sich dieser besonderen Art von Liminalität hinzugeben. Ihre vergangene Eleganz lädt den Betrachter ein, in die gemalte Momentaufnahme einzutauchen und den Zustand der ständigen Veränderung zu erleben. Diese Charaktere scheinen voneinander losgelöst und doch in tiefer innerer Zerrissenheit. Wir treffen sie an Punkten hoher Spannung innerhalb ihrer individuellen Narrativen, die weder eine Einleitung noch einen Abschluss haben. Auf diese Weise kann der Betrachter mit ihrem Schwebezustand in Resonanz gehen und durch ihren dramatischen Konflikt einen Zustand der Katharsis erreichen.

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